Einschätzung des Bedarfs an stationärer Pflege

 

Bedarfseinschätzung am Beispiel der
der Gemeinde Bissendorf

 

und mögliche Konsequenzen:

 

Bei einer Quote von 2,6 % Pflegebedürftigkeit in der Gemeinde Bissendorf im Jahre 2006 errechnet sich eine reale Pflegebedürftigkeit von etwa 375 Personen. Davon werden statistisch gesehen etwa zwei Drittel zu Hause ambulant versorgt! Das heißt für die Gemeinde Bissendorf errechnet sich ein stationärer Pflegebedarf im Jahre 2006 von 125 Plätzen. Das Angebot mit den Einrichtungen Haus am Bredberg (Schledehausen) und Haus am Lechtenbrink (Jeggen) umfasst 163 Plätze. Es besteht danach ein Überangebot von 38 Heimplätzen bei gleichzeitiger Unterversorgung des Ortsteils Bissendorf gegenüber einem Überangebot in den Ortsteilen Wissingen und Schledehausen.

 

In etwa vier bis fünf Jahren wird die Anzahl der über 80- Jährigen Menschen sprunghaft und stetig ansteigen, insbesondere der Männeranteil wird deutlich zunehmen.

 

Bis zum Jahr 2025 wird der Anteil der über 80-Jährigen von derzeit 4,2 % auf 7,7 % kontinuierlich ansteigen. Diese Steigerungsrate ist etwas höher als in den umliegenden Gemeinden. Der größte Anteil Pflegebedürftiger liegt in der Regel bei den über 80-Jährigen.

 

Auch die „Baby-Boomer-Generation“ der heute 45- bis 55-Jährigen wird voraussichtlich die Quote der Pflegebedürftigen ebenfalls ansteigen lassen.

 

Nimmt man einmal eine Steigerung der Pflegebedürftigkeitsquote auf 3,5% (heute 2,6%) bis zum Jahr 2025 an, so muss davon ausgegangen werden, dass sich die Anzahl der Pflegebedürftigen auf mindestens insgesamt 500 Personen erhöhen wird.

 

 

 

Ferner zeigen die Entwicklungen und Forschungen des Fraunhofer Instituts, dass die Ressourcen der Angehörigen zur Pflege zu Hause allmählich abnehmen, weil immer weniger junge Menschen den Pflegebedürftigen gegenüberstehen und weil in immer mehr Familien die Notwendigkeit doppelter Berufstätigkeit zur Sicherung von Lebensunterhalt und Zukunftssicherung ein laienpflegerisches, ambulantes Engagement verhindern.

 

Das heißt, der Anteil der stationär Gepflegten wird ebenfalls ansteigen. Anstatt 33 % werden vielleicht bis zu 40 % oder mehr Pflegebedürftige stationär versorgt werden müssen.

 

Hieraus ergibt sich ein Bedarf an stationärer Pflege von mindestens 200 Plätzen.

 

Konkret müssten also bis spätestens 2025 noch etwa 37 Plätze geschaffen werden. Gesamtgesellschaftlich zeigt sich schon heute ein Unterangebot von stationären Pflegeheimplätzen für die Altersgruppe der jungen Pflegebedürftigen unter 65 Jahren! Wie unter anderem am Beispiel einer Einrichtung in Rheine gezeigt werden kann, ist dieses Angebot sehr gut nachgefragt und die Plätze sind voll ausgelastet.

 

Empfehlenswert, weil zukunftsweisend und marktorientiert erscheint es daher, im Ortskern Bissendorf ein Angebot für „Junge Pflege“ mit etwa 20 Plätzen und ein spezielles, zusätzliches Angebot für pflegebedürftige Männer zu schaffen. Ein Angebot für „Junge Pflege“ könnte – da es bisher kaum gezielt angeboten wird – überregional über die Grenzen der Gemeinde hinaus nachgefragt werden.

 

Beide Angebote sollten einen entsprechenden Konzeptrahmen aufweisen, da die klassische Pflege und Betreuung von alten Menschen in Altenpflegeheimen sehr stark am weiblichen Klientel ausgerichtet ist. Anstatt Singen, Stricken, Basteln und Haushalt müssten für junge Pflegebedürftige und alte pflegebedürftige Männer spezielle Angebotsstrukturen entwickelt, gefördert und vorgehalten werden.

 

Beginnen könnte man mit dem Angebot für „Junge Pflege“, um dann durch bauliche Erweiterung in weiteren Schritten den Effekt des erwartbaren Anstiegs älterer Männer in etwa fünf Jahren mitzunehmen.

 

Erste bauliche Maßnahmen sollten architektonische Freiräume lassen, die möglichen Schwankungen in der Nachfrage im Sinne flexibler Erweiterungs- und Umbauten gerecht werden.

 

Eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Größe für stationäre Pflege liegt bei etwa 80 Plätzen. Deutlich darunter liegende Heim- oder Betreibergrößen sind allein hinsichtlich der Personalkosten auch bei steter Vollbelegung nicht überlebensfähig, bzw. kostendeckend zu betreiben!

 

Hier gilt es trägerübergreifende Refinanzierungs- und Bewirtschaftungskonzepte zu entwickeln!!!

 

Auch ehrenamtliches Engagement und kommunale Unterstützung wäre wünschenswert und zu bewerben.

 

Ein Sponsoring als gemeinschaftliche Aufgabe gemeindeansässiger Unternehmen und Betriebe (Solarlux, Koch, Philips, u.v.m.) könnte bahnbrechend sein und als öffentlichkeitswirksame und überregional bekannte Initiative zudem in eine langfristige Win-win-Situation für alle Beteiligte münden.

 

Der Zentrums- und Begegnungscharakter des Ortskerns könnte durch spezielle Geschäftsangebote im direkten Umfeld einer solchen Einrichtung zusätzlich belebt werden.

 

 Bissendorf, 10. Dezember 2009

 

Grundlagen: Bertelsmann Stiftung, Fraunhofer Institut, demographische Entwicklungszahlen der Gemeinde

 

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