Vom Sinn von Überlastungsanzeigen

 

 

 

Stellen Sie sich irgendein Altenheim in Deutschland vor! Sie dürfen sich dabei auch Korschenbroich vorstellen. Den KollegInnen in dem Haus für XYZ steht das Wasser seit Wochen bis zu den Nasenlöchern. Sie drohen zu ertrinken.

 

Und ich frage Sie:
Was muss noch geschehen, bis es eine solidarische Aktion gegen die unwürdigen Zustände gibt?
Wen wundert es, wenn sich von den Auszubildenden niemand für diesen Bereich bewirbt?
Was für einen Eindruck gewinnen die KollegInnen, die gerade ihre Ausbildung begonnen haben, von unserer Profession?
Was bedeutet Seelsorge in solch einem Unternehmen?
Warum sträuben sich viele Geschäftsführungen oder Heimleitungen gegen eine gesetzliche Pflegepersonalregelung, wie sie u.a. Berufsverbände und Gewerkschaft fordern?
Oder warum werden Vorgesetzte geschult, das Arbeitsschutzgesetz/Arbeitszeitgesetz/Tarifliche Vorschriften zynisch bis zur Unkenntlichkeit auszulegen?
ArbeitnehmerInnen arbeiten in wochenlanger Unterbesetzung und ihnen wird die Verantwortung für eine Mindestbesetzung der Schichten überlassen?
Wem ist es da zu verdenken, wenn bei der Berufswahl sich niemand für einen Pflegeberuf entscheiden wird?

 

Es scheint, dass bei den Verantwortlichen im deutschen Gesundheitswesen die Haltung von Geisterfahrern herrscht: Ohne Perspektive für einen Richtungswechsel das Gaspedal bis zum Bodenblech durchdrücken und auf den unvermeidlichen Crash warten. Aber Achtung: Pflegebedürftige, pflegende Angehörige und nicht zuletzt beruflich Pflegende sind die Opfer!
Lässt das Ganze sie, die Verantwortlichen völlig kalt? Glauben Sie wirklich, wir Pflegenden klagten permanent auf einem hohen Niveau? Nein – mittlerweile verlassen scharenweise professionell Pflegende den Beruf. Da gibt es viele Möglichkeiten.

 

Zum Rahmen:
In den Rahmenverträgen ist beschrieben, wer und wie ein Versorgungsauftrag gesichert sein muss. Durch eine Minderbesetzung riskiert der Versorger einen Vertragsbruch. Der Versorgungsauftrag beinhaltet auch, genügend qualifiziertes Personal vorzuhalten. Das liest sich auf einem Papier, worauf über Exceltabellen ein Durchschnittswert ausgegeben wurde, immer einfach. Aber ist dieses qualifizierte Personal auch am Bett des zu Pflegenden?

 

Ein Arbeitnehmer ist dann zu einer Überlastungsanzeige verpflichtet, wenn eine sichere Versorgung der Bewohnerinnen nicht gewährleistet ist. Diese MUSS er dem Arbeitgeber anzeigen. Mit der Verschriftlichung einer Überlastungsanzeige, z. B. wegen anhaltender Unterbesetzung und somit Überforderung der Arbeitnehmer und damit der Gefährdung von Bewohnerinnen, ist dann für den Arbeitgeber eine Aufforderung zu handeln verbunden.

 

Wir Pflegenden erwarten nicht ein Herabspielen solcher Anzeigen oder gar, dass wir kollektiv der Übertreibung bezichtigt werden. Der Arbeitgeber hat ebenso wie gegenüber den Bewohnerinnen auch eine Verantwortung gegenüber Mitarbeitern und muss sicherstellen, dass ein individueller Einsatz möglich ist und familienfreundlich gestaltet ist.

 

Sorgt er nicht dafür, dass dieser Transformationsriemen für eine den Rahmenverträgen entsprechenden Pflege ausreichend gepflegt wird, droht irgendwann und plötzlich die Katastrophe; manche Heime geraten immer häufiger unversehens in den Skandalbereich. Fangen Sie endlich an, uns Mitarbeiter ernst zu nehmen und für eine ausreichende Qualifikation der Leitungskräfte zu sorgen und auf politischer Ebene sich glaubhaft dafür einzusetzen, dass die Rahmenbedingungen ausreichende Personalschlüssel und Pflegesätze vorsehen.

 

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