Zukunftswerkstatt 1 - Pflege

 

 

 

 

In 10 bis 15 Jahren werden ca. 20 % der Schulabgänger gebraucht, um den Bedarf an Pflege und Betreuung in Deutschland zu decken. Nun gibt es zwar schon jetzt allenthalben einen deutlich spürbaren Fachkräftemangel. Allerdings wird aber ab dieser Zeit auch wieder die Arbeitslosigkeit steigen, weil die Digitalisierung und Automatisierung sehr vieler Lebensbereiche für viele Jobs deren Funktionen übernehmen werden können. Verwaltung, Verkehr, Produktion und viele andere Bereiche werden das zu spüren bekommen.
Die Frage ist dann nicht: Wohin mit den Menschen, die bis dahin diese Jobs erledigten, die jetzt Maschinen und Algorithmen übernehmen, sondern die Frage wird sein: Können bzw. werden solche Menschen dann Tätigkeiten übernehmen wollen, die in der Regel unattraktiv, schlecht bezahlt und möglicherweise belastend sind?

 

Dazu müssten schon heute die Weichen gestellt werden.
Ich möchte dazu mehrere ineinandergreifende Vorschläge machen:
1. In unserer Gesellschaft müsste ein Bewusstsein geschaffen werden dafür, dass sogenannte niedere oder wenig angesehene, aber gesellschaftlich notwendige Tätigkeiten einen höheren Stellenwert und eine höhere Anerkennung erfahren, weil
a) gelingende Beziehungsgestaltung wichtiger ist als technisches Können und Geschick allein,
b) soziale Themen eine größere Bedeutung und Wertigkeit haben als Gewinnmaximierung, Wachstum und Effizienz;
c) schon in Kindergarten, Schule, Erziehung und Berufsausbildung haben Teamarbeit und Menschenwürde, also emotionale Intelligenz und soziale Kompetenz, Vorrang vor Gelderwerb, Konkurrenzgebaren und reiner Leistung. (Soziales Sein ist wichtiger als individuelles Haben!)
d) Wachstum der Güterproduktion ist für eine zukünftige Gesellschaft keine Heilige Kuh mehr.
e) Engagement wird nicht durch Minderverdienst bestraft!
f) Es muss deutlich werden, dass Arbeiten, deren Anforderungs- und Qualifizierungsprofil bisher einen geringen Stellenwert zu haben schienen, deutlich aufgewertet werden müssen, da die bisherige Bewertung nicht dem Sachgehalt entspricht, zumindest aber nicht mehr den modernen Anforderungen genügen.
 (Stichwort: Pflegen kann nicht jeder! Und warum soll das Beziehen von Betten oder das Bereiten von Speisen weniger anspruchsvoll sein, als das Drehen von Schrauben oder das Rechnen mit Excel?)

 

 

 

2. Unaufschiebbare, individuell wie gesellschaftlich notwendige Arbeiten müssen deutlich höher entlohnt werden als bisher! Da hilft eine Erhöhung des Mindestlohns wenig, sondern es müssen Berufe, die nicht ersetzbar sind durch Maschinen etc. deutlich besser (und eben die anderen deutlich geringer) bezahlt werden.

 

3. Begleitende Regularien und Strukturen können die Entwicklung unterstützen. So  ist m. E. davon auszugehen, dass ein
a)  verpflichtendes Soziales Jahr für alle Schulabgänger vermehrt Menschen in soziale, pflegerische und erzieherische Berufe spült als bisher. Jemand, der einmal Menschen gepflegt oder soziale Verantwortung übernommen hat, wird später darüber hinaus eher in der Lage sein, sowohl beruflich als auch privat, bzw. ehrenamtlich auf die erworbenen Kompetenzen zurückzugreifen und sie weiter zu entwickeln.
b) Einwanderung und Immigration müssen gezielt gefördert werden, wobei gerade eine Attraktivitätssteigerung der sozialen Berufe hier zusätzliche Impulse setzen kann.

 

All dies wird nötig sein, weil die Familien die Aufgaben aus verschiedenen Gründen gar nicht mehr (wie in den 50er oder 60er Jahren des 20. Jhdts – Gruß an die CDU!) stemmen können. Denn anders als früher gibt es weniger Kinder und damit viele Einzelhaushalte, vor allem im Alter. Die Angehörigen wohnen weiter weg. Und schließlich ist die Reservearmee der Frauen erschöpft, weil diese heutzutage für die Familie mit berufstätig sein müssen oder wegen drohender Altersarmut ihre eigne Rente sichern müssen.

 

A)   Was im Hinblick auf die STATIONÄRE pflegerische Versorgung in der Regel nur Fachleuten auffällt: Es fehlt
1. an qualifizierten Mitarbeitern
2. an Konzepten und Modellen
3. an fachgerechten Angeboten für Menschen mit Demenz
4. an ausreichender Refinanzierung der für die Pflege und Betreuung notwendigen Maßnahmen (Stichwort: Personal-Stellen)

Ansätze für langfristige Lösungen:
- Pflegekammer
- Demografieabgabe
- Deutliche Erhöhung der Refinanzierung für zusätzliche Stellen
- Regelmäßiger Austausch von Einrichtungen der Altenhilfe mit Schulen und Kindergärten

 

B)    Im Hinblick auf die AMBULANTE Versorgung sehe ich vor allem folgende aktuelle Probleme:
1. Die Pflege-Anbieter können der zunehmenden Nachfrage nicht mehr nachkommen!
2. Die Gesetze der letzten Jahre sind viel zu komplex und teilweise kontraproduktiv!

Lösungsansätze:
- Vernetzung!!!
- Haushaltshilfenbörse!
- Stärkung des Ehrenamts
- Kooperationen mit Schulen, Ferienjobs
- Verbesserung der dörflichen Infrastruktur (Vernetzung, Einbindung der örtl. Betriebe, Mobilitätsförderung, Mitfahrangebote, …
-  Kulturwandel im Umgang mit problematischen Alten!  (Vereine, Achtsamkeit, Aufeinanderzugehen, Gesprächskreise, Aufklärung der örtl. Geschäfte, Tempolimit, …
- Nachbarschafthilfen deutlich forcieren und belohnen

 

Die Gemeinde sollte auf Ortsebene steuern.
Vor allem die Lösungsansätze unter B) sollten diskutiert werden.

 

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